Die 600. Tagmondgeburt aus der Sicht einer Hebammenstudentin

 

Das Klingeln meines Telefons weckte mich nach Mitternacht vom 23. April 2018.

Die Wehen haben eingesetzt und das Paar macht sich langsam auf den Weg ins Tagmond, hieß es. Also machte auch ich mich auf den Weg. Trotz April war es angenehm warm und die Strassen von Basel menschenleer. Vorfreude machte sich in mir breit, schliesslich war es meine erste Geburtshausgeburt im Tagmond. Meine Erfahrungen konnte ich bisher nur in Spitälern sammeln. Als ich losfuhr, hatte ich mein Zeitgefühl verloren und befürchtete zu spät zu kommen. Im Tagmond angekommen, war ich aber die Erste und musste schmunzeln. Bernadette traf kurz nach mir ein und wir schufen eine gemütliche Atmosphäre, in dem wir das Licht dämmten und einige Kerzen anzündeten. 

Als die werdenden Eltern eintrafen, kamen die Wehen schon in regelmäßigen Abständen und waren für Tanja bereits intensiv. Das Paar wirkte aber sehr entspannt und Bernadette prüfte die Herztöne des Babys: Es waren regelmässige und rhythmische Herztöne um 130 Schläge pro Minute zu hören. Tanja tigerte etwas im Gebärzimmer umher und bald entschieden wir uns die Badewanne einzulassen. Ich half der werdenden Mutter aus ihren Stützstrümpfen und nach zwei, drei Wehen konnte in die Wanne gestiegen werden. Seit Ankunft des Paars war bis zu diesem Zeitpunkt eine knappe Stunde vergangen. In dieser Zeit konnte ich bereits beobachten, wie sich die Intensität der Wehen verstärkte. Während den Wehen atmeten wir alle mit Tanja mit und ihr Partner Stefan unterstützte sie sehr liebevoll. In den Wehenpausen sprachen wir sogar über ihr neu erworbenes Auto. An dieser Stelle ein Kompliment an Stefan, da er die erste Fahrt mit seiner in den Wehen liegenden Frau souverän gemeistert hat!

Nach diesem kurzen Spass wurde es ernster und ich hatte die Chance, den wunderschönen Moment der Geburt zu beobachten und nur für die Frau – und das Paar da zu sein. In meiner Ausbildung im Spital muss ich an viele Dinge und Personen (wie Abläufe, Richtlinien und Ärzte) gleichzeitig denken und die Geburt grösstenteils selbständig leiten. Dabei gehen Feinheiten in der Betreuung unter oder es ist nicht immer möglich, sich allem mit voller Aufmerksamkeit zu widmen. In dieser Nacht konnte ich die Geburtsführung Bernadette überlassen!

Die Herztöne des ungeborenen Kindes schlugen rhythmisch und sagten uns, dass es ihm gut geht. Das Wasser fühlte sich für Tanja gut an und sie versuchte einige Positionen aus, bis sie schliesslich im Vierfüsslerstand verharrte. Ihr Becken schaukelte sie in den Wehenpausen im Wasser hin und her und ermöglichte ihrem Kind so, den richtigen Weg zu finden. Die Kraft der Wehe liess kurze Zeit später die Fruchtblase platzen. Durch den Drucknachlass spürte Tanja, dass sich der Wehendruck verstärkte und das Kind tiefer ins Becken rutschte. Schon bald zeigte sich diese Veränderung in Pressdrang. Es war faszinierend zu beobachten, dass keine vaginale Untersuchung nötig war, um zu wissen, dass der Muttermund bereits vollständig offen war. Die äusseren Zeichen reichten vollkommen aus. Tanja drückte meine Hand nun stärker und gab dem Druck in der Wehe nach und presste. 

Schon kurze Zeit später war das Köpfchen des Kindes sichtbar und der Körper folgte wenige Momente später. Tanja atmete tief ein und griff zwischen ihren Beinen hindurch zu ihrem Kind und zog es sanft nach vorne an die Oberfläche. Hallo mein Baby, willkommen Charlotte! 

Tanja zog ihr Kind auf ihre Brust und wir deckten die Kleine mit einem warmen Tuch zu. 

Wir Hebammen entfernten uns ein Stück und verharrten über Minuten, indem wir die drei nur beobachteten. Charlotte wurde immer rosiger, begann ihren kleinen Mund zu bewegen und ihre Äuglein zu öffnen. Ein magischer Moment war geschaffen, die Magie der Geburt! 

Jedem Anfang liegt ein Zauber inne.

 

Hermann Hesse

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